10. 11. 2020 | Hören | Kaum ein Dokument ist mir so oft zugeschickt worden, wie die jüngsten Überlegungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einem digitalen Euro. Es besteht offenkundig großer Bedarf an Einschätzungen, ob ein digitaler Euro etwas Gutes oder etwas Schlechtes wäre. Unter anderem Vertreter der Monetative und der Linken drängen die EZB dazu. Das halte ich für einen schweren Fehler.
Am 2. Oktober hat die EZB per Pressemitteilung verkündet, ihre Arbeit an einem digitalen Euro intensivieren zu wollen. Begründet wird das mit drei möglichen Szenarien: (i) einem kräftigen Rückgang der Bargeldnutzung, (ii) der Ausgabe eines „globalen privaten Zahlungsmittels, das regulatorische Sorgen und Risiken für die Finanzstabilität und den Konsumentenschutz mit sich bringt“, und (iii) der breiten Nutzung einer von fremden Notenbanken herausgegebenen digitalen Zentralbankwährung.
Mit einem digitalen Euro, auch digitales Zentralbankgeld oder nach der englischen Abkürzung CBDC genannt, könnte man, wenn man wollte und dürfte, tatsächlich einiges Gute bewirken, nämlich
- eine Ergänzung für das Bargeld schaffen, die fast ebenso gut die Privatsphäre schützt aber für manche Anwendungen praktischer ist,
- den Bürgern und Unternehmen eine Alternative zum konkursgefährdeten Bankengeld geben und dadurch gleichzeitig die Macht der Banken beschneiden,
- verhindern helfen, dass ein privates Unternehmen wie Facebook mit einer eigenen, weltweit akzeptierten Währung den Euro im Zahlungsverkehr verdrängt,
- verhindern, dass China mit seinem digitalen Yuan den Euro (oder den Dollar) als Transaktionswährung verdrängt.
Das sind die Gründe, warum Linke und Monetative für digitales Zentralbankgeld werben.
Auf der anderen Seite kann man aber auch eher Hinterhältiges damit anstellen, vor allem:
- die Abschaffung des Bargelds erleichtern und beschleunigen, um die finanzielle Kontrolle über die Bürgerinnen und Bürger zu vervollkommnen.
- die Sanktionsmacht der US-Regierung verteidigen und ausbauen, mit der sie völkerrechtswidrig eigenes Recht weltweit durchsetzt, auch in Europa.
Um meine Einschätzung dazu verständlich zu machen, will ich zuerst kurz erklären, was ein digitaler Euro ist und wie er funktioniert. Dann wird es darum gehen, wer ihn kontrolliert und was diese Instanz(en) motiviert.
Was ist ein digitaler Euro?
Digitale Guthaben, die auf Euro lauten und mit denen man bezahlen kann, gibt es schon heute in Form des Bankengeldes, auf dessen Basis wir Geld überweisen oder per Karte bezahlen. Diese digitalen Guthaben bei Banken stellen aber rechtlich nur Ansprüche auf Auszahlung echter Euro von der Zentralbank dar. Ein echter digitaler Euro ist digitales Geld von der Zentralbank.
Bisher haben nur Banken Zugang zu digitalem Zentralbankgeld. Sie haben Guthabenkonten bei der Zentralbank über die sie den Zahlungsverkehr untereinander abwickeln. Die wesentliche Neuerung an digitalem Zentralbankgeld (für alle) bestünde darin, dass alle direkt oder indirekt Zugang zu solchem im digitalen Zahlungsverkehr einsetzbaren Zentralbankgeld bekämen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:
- Jeder bekommt bei der Zentralbank ein Konto für den Zahlungsverkehr. Die Guthaben darauf sind eins zu eins mit Guthaben bei Geschäftsbanken oder Bargeld austauschbar. Wie Bargeld sind diese Guthaben nicht insolvenzgefährdet, weil die Zentralbank dahintersteht.
- Die Bürger können zwar kein Konto bei der Zentralbank unterhalten, aber sie haben spezielle Konten bei den Banken für digitales Zentralbankgeld. Anders als normale Bankguthaben ist das Guthaben darauf kein Kredit an die Bank, sondern ein Treuhandkonto. Der Kontoinhaber ist Eigentümer des Geldes darauf, die Bank verwaltet es nur als Dienstleister. Wenn es diese Konten gibt, kann das digitale Zentralbankgeld vom Zentralbankkonto einer Bank auf ein privates CBDC-Konto abfließen.
Wenn man finanzielle Privatsphäre schützen will, kann man die Möglichkeit bieten, den digitalen Euro auf anonyme elektronische Geldbörsen zu laden, mit denen anonym bezahlt werden kann.
Das klingt eigentlich gut und könnte es auch sein. Aber:
Der Pferdefuß
Wer daran glaubt, ausgerechnet die Zentralbanken, die seit zehn Jahren unter US-amerikanischer Führung gemeinsam daran arbeiten, das Bargeld zurückzudrängen, würden den digitalen Euro so ausgestalten, dass man damit mehr als Kleinstbeträge anonym bezahlen kann, der oder die ist hochgradig naiv. Nicht nur was Bargeld angeht, sondern zum Beispiel auch bei aufladbaren Kreditkarten, mit denen man unter Wahrung der Privatsphäre im Internet einkaufen könnte, sind die Möglichkeiten der Nutzung und die erlaubten Beträge immer weiter beschnitten worden. Warum sollen diejenigen, die das getan haben, plötzlich beim digitalen Zentralbankgeld den Wert der finanziellen Privatsphäre für die Menschen achten lernen.
Und tatsächlich ist dort, wo die Pläne der Zentralbank schon weit gediehen sind, in Schweden, nur die Rede von Kleinstbeträgen, die allenfalls anonym nutzbar sein sollen. Und selbst das ist jederzeit abstellbar.
Erkennbar soll das digitale Zentralbankgeld aber in Schweden dazu dienen, die mit der völligen Bargeldbeseitigung einhergehenden Nachteile abzumildern und so die Bargeldabschaffung zu erleichtern. Zu diesen Nachteilen gehört, dass es ohne Bargeld als einzigem Zentralbankgeld keinen klaren rechtlichen Anker mehr für das Geldsystem gibt. Wenn Bankengeld einen Anspruch auf Auszahlung des gesetzlichen Zahlungsmittels Bargeld darstellt, was ist Bankengeld dann, wenn es kein Bargeld mehr gibt?
Die Schwedische Zentralbank hat dazu schon einmal ein Papier geschrieben, in dem sie zu dem Ergebnis kam, dass das ziemlich kompliziert würde. Wenn man digitales Zentralbankgeld zu einer weiteren Form des gesetzlichen Zahlungsmittels macht, ist dieses Problem gelöst.
Deshalb hörte ich auch die Nachtigall trapsen als der EU-Generalanwalt in meinem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um das Recht auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags in seine eher politisch als rechtlich anmutende Stellungnahme gänzlich ungefragt eine längere Passage einfügte, dass nach seiner – fragwürdigen – Rechtsmeinung ein künftig eventuell zu emittierendes digitales Zentralbankgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt werden könne.
Auch das Problem der Menschen ohne Bankkonto, das die Bargeldbeseitigung aus rechtlichen Gründen derzeit noch bremst, kann man leichter lösen, wenn man staatlicherseits einfach an alle Zahlkarten ausgeben kann, die mit Zentralbankgeld aufgeladen werden können.
Privatsphäre und Bargeld sollen abgeschafft werden
Wie viel Wahrung der Privatsphäre man erwarten darf, zeigt sich schon daran, dass in dem langen Bericht einer Arbeitsgruppe von wichtigen Zentralbanken, einschließlich der EZB, zusammen mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der Anfang Oktober vorgelegt wurde, nur ein kleiner Absatz diesem Thema gewidmet ist. Und dieser stellt im Wesentlichen nur klar, dass man hier eine Balance mit dem hoheitlichen Überwachungsinteresse finden müsse. Und:
„Für ein digitales Zentralbankgeld und das zugehörige Zahlungsverkehrssystem, wird es Daten geben, und eine Schlüsselfrage der nationalen Politik wird sein, zu entscheiden, wer auf welche Teile (dieser Daten) unter welchen Umständen zugreifen kann.
Es wird zwar beteuert, man wolle Bargeld weiter anbieten, solange die Bürger es wollten, aber mehr auch nicht. Nichts dazu, die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Bargeld zu bewahren, damit die Bürger auch Grund behalten, es weiter nutzen zu wollen.
Die Botschaften – Abschaffung der finanziellen Privatsphäre und des Bargelds – stehen deutlich genug zwischen den Zeilen für jeden, der sie vernehmen mag. Wer es deutlicher mag, für den hier ein Zitat von BIZ-Chef Augustin Carstens aus einer Rede im Jahr 2019 mit dem Titel „The future of money and payments“. Der frühere mexikanische Notenbankchef und Absolvent der Chicago Universität ist der Mann Washingtons an der Spitze der BIZ und ein erprobter Kämpfer gegen das Bargeld.
„Wie Bargeld wäre eine CBDC rund um die Uhr verfügbar. Auf den ersten Blick ändert sich nicht viel für jemand, der zum Beispiel auf dem Weg nachhause in den Supermarkt geht. Er oder sie hätten nicht mehr die Option bar zu bezahlen. Alle Käufe wären elektronisch.
Auch der Bericht der EZB-Arbeitsgruppe von Oktober ist ziemlich deutlich. Dort heißt es:
„Regulierungen erlauben keine Anonymität für elektronische Bezahlvorgänge und der digitale Euro muss diese Vorschriften im Prinzip einhalten. Anonymität könnte ausgeschlossen werden müssen, nicht nur wegen der rechtlichen Verpflichtungen in Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorfinanzierung, sondern auch um bei Bedarf den Nutzerkreis des digitalen Euro einzuschränken – zum Beispiel um bestimmte Nutzer außerhalb des Euroraums auszuschließen und übermäßige Kapitalströme zu verhindern.
Die Nutzer von außerhalb, die gesperrt werden könnten, sind wohlgemerkt nur ein Beispiel. Jeder kann gesperrt werden und die Geldströme der ganzen Bevölkerung können gelenkt und begrenzt werden, wenn es – auch dank des digitalen Euro – irgendwann kein Bargeld in nennenswertem Umfang mehr gibt.
Die EZB sorgt sich nur um die Banken
Aus den Reihen der EZB hat der Generaldirektor für Zahlungsverkehr, Ulrich Bindseil, ein Konzept für einen digitalen Euro vorgestellt, das ebenfalls mehr als deutlich macht, dass die Bürger wenig Gutes davon erwarten dürfen. Sein Vorschlag zielt vor allem darauf ab, dafür zu sorgen, dass die Banken weiterhin ihr altes Spiel spielen können, bei dem sie durch Wertpapierkauf und Kreditvergabe eigenes Geld in Umlauf bringen, dadurch die Wirtschaft ankurbeln, deshalb noch mehr Geld auf eigene Rechnung und zu eigenem Gewinn in Umlauf bringen, und so weiter, bis das Ganze irgendwann zusammenbricht und die Banken dann von Staat und Zentralbank gerettet werden.
Zu diesem Zweck will Bindseil hohe BürgerInnen-Guthaben bei der EZB mit Negativzinsen für alles, was über 3.000 Euro hinausgeht, unattraktiv machen. Die Devise lautet: bloß dem unsoliden Bankengeld keine Konkurrenz machen.
Das Dumme ist nur: ein solches Zentralbankgeld, das keine oder nur geringe anonyme Zahlungen zulässt und die Guthabenhöhe auf diese Weise eng begrenzt, ist ziemlich unattraktiv, wie der Ökonomieprofessor Peter Bofinger in einer Handelsblatt-Kolumne aufgezeigt hat.
„Peter Bofinger: Der digitale Euro wird die Erwartungen nicht erfüllen“
„Der digitale Euro ist also für Normalverbraucher gedacht. Doch was bringt denen ein Bundesbank-Konto, bei dem es keinen Überziehungskredit gibt und Guthaben von über 3.000 Euro mit Strafzinsen belegt werden. Da hat jede Onlinebank sehr viel mehr zu bieten.
Wenn man sich Sorgen mache, dass das Bargeld verschwinden könne, dann sei es viel besser, dafür zu sorgen, dass die flächendeckende Versorgung mit Bargeld gewährleistet bleibt und dass man überall damit bezahlen kann. Denn die steigende Nachfrage nach einem sicheren und anonymen Zahlungsmittel, den der in allen großen Währungen steigende Bargeldumlauf beweist, kann der digitale Euro nicht befriedigen, jedenfalls nicht in der zu erwartenden und angedachten Konzeption.
Abwehr von Libra und digitalem Yuan
Wenn es nicht um die Interessen der BürgerInnen geht, worum geht es dann? Um das, worum es in der Geld- und Geopolitik eigentlich immer geht: um Macht. Zuerst war es wohl die Ankündigung des Facebook-Geldes Libra, das die Zentralbanker aufgescheucht hat. Eine Plattform wie Facebook mit über zwei Milliarden Nutzern auf der ganzen Welt, die ein eigenes Geld ausgibt, könnte möglicherweise die Macht der Zentralbanken untergraben. Selbst US-Finanzminister Mnuchin bezeichnete Libra deshalb als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA.
Was eine private Währung mit der nationalen Sicherheit der USA zu tun hat, erklärt der Text der Ausschreibung der Geheimdienste (Office of the Director of National Intelligence) für ein Forschungsprojekt zu den Gefahren für die globale Dollar-Dominanz. Darin heißt es in meiner Übersetzung:
„Dass der Dollar die Weltreservewährung ist, bringt viele Vorteile für die nationale Sicherheit der USA. Jede internationale Transaktion, die in Dollar abgewickelt wird, gibt den USA rechtliche Handhabe gegen Finanzverbrechen vorzugehen, die mit diesen Transaktionen in Zusammenhang stehen, einschließlich Terrorunterstützung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Außerdem ermöglicht es den USA effektiv Sanktionen gegen bestimmte Einheiten (entities) zu verhängen, die internationale Gesetze oder Verträge brechen, oder die die Fähigkeit haben, Instabilität in den globalen Märkten zu verursachen. Die USA üben ihre internationale Vorherrschaft zu einem nicht geringen Teil dank ihrer Finanzmacht und dank ihrer Finanzbehörden aus. Jedoch gibt es viele Bedrohungen für den Dollar und seinen Status als Weltreservewährung. Länder wie China und Indien haben große, wachsende Volkswirtschaften, die mit dem US-Wirtschaftswachstum konkurrieren könnten. Viele Kryptowährungs-Enthusiasten sagen voraus, dass entweder eine globale Krypotwährung oder eine nationale Digitalwährung den Dollar unterminieren könnten.
Dass die US-Regierung die Macht haben würde, Facebook und Libra zu domestizieren, war absehbar. Am 6. Mai 2020 wurde der frühere Erste Staatssekretär im Finanzministerium und oberste Finanzsanktionierer, Stuart Levey zum Chef der Libra-Association bestimmt. Diese Personalie dürfte bedeuten, dass Libra dazu bestimmt wurde, statt einer potentiellen Gefahr für die Dollar-Vorherrschaft zu einem Gehilfen bei der Bewahrung derselben zu werden.
Für die Notenbanken der anderen Länder ist das natürlich nur begrenzt eine gute Nachricht, wenn man bedenkt mit welcher Skrupellosigkeit die USA ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen inzwischen mit dem Sanktionsschwert gegen alle und jeden durchsetzen. Die völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen europäische Firmen, die sich am legalen Nordstream2-Projekt und am legalen Iran-Handel beteiligen, sind nur zwei Beispiele von vielen.
Für den von US-Finanzsanktionen bedrohten Rest der Welt ist eine Art Libra-Dollar, der die eigene Währung selbst auf heimischem Gebiet zurückdrängen könnte, daher eine große Bedrohung. Denn das Sanktionsschwert würde dadurch immer schärfer.
Wenn man hartnäckig optimistisch ist, könnte man Bestrebungen europäischer Notenbanken zur Einführung digitalen Zentralbankgelds als Bemühen interpretieren, den Bürgerinnen und Bürgern ein Zahlungsmittel anzubieten, das an Attraktivität mit US-amerikanischen Angeboten wie Libra mithalten kann.
Dafür würde auch sprechen, dass Anfang des Jahres die EZB und die Zentralbanken von Japan, Schweden, Kanada, Großbritannien und der Schweiz zusammen mit der BIZ eine Arbeitsgruppe gebildet haben, um die Libra-Gefahr mittels digitalen Zentralbankgeldes abzuwenden. Die US-Notenbank war bemerkenswerter Weise nicht dabei.
Doch das wäre naiv. Wie Peter Bofinger in seinem Beitrag schreibt, sind Zahlungsverkehrssysteme wie das von Paypal viel attraktiver als ein zum Wohle der Banken kastrierter e-Euro – jedenfalls solange die unterwürfige EU-Kommission darauf verzichtet, europäische Datenschutzregeln gegen US-Datenkraken wie Paypal durchzusetzen.
Paypal hat vor kurzem sein Angebot um Zahlungsverkehr in Bitcoin erweitert. Es wird dem Unternehmen ein leichtes sein, auch Transaktionen in e-Euro über das eigene System abzuwickeln und sie so in dem Bereich zu halten, der von den US-Diensten kontrollierbar ist.
Gemeinsam gegen China
Inzwischen ist die US-Notenbank als siebte im Bunde mit dabei und hat es geschafft, dass sich die sechs anderen in dem im Oktober veröffentlichen Bericht mit dem Titel „Central bank digital currencies: foundational principles and core features“ dazu verpflichtet haben, die Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld untereinander offen und kooperativ zu gestalten.
Außerdem heißt es in dem Bericht, eines der Grundprinzipien müsse die Einbeziehung des Privatsektors sein, also de fakto der großen mutlinationalen US-Konzerne, die den Zahlungsverkehr dominieren:
„Gleichzeitig muss das Zahlungsverkehrssystem, auf dem eine CBDC umläuft, den Privatsektor beteiligen, damit es von Innovation und Wettbewerb profitiert, was die Akzeptanz und Nutzung unterstützt.
Mit anderen Worten. Ein voll (national-)staatlich kontrolliertes System unter Ausschluss der US-Konzerne darf es nicht geben.
Absetzbewegungen von der Dollardominanz und der US-Sanktionsmacht, die darauf fußt, sind also nicht mehr möglich. Gemeinsam geht es nun nur noch darum, die andere Bedrohung für die Vorherrschaft des Dollar abzuwenden, den digitalen Yuan.
Chinas Notenbank ist mit seiner Digitalwährung schon weiter. Seit Oktober läuft in einem Stadtteil der Metropole Shenzen ein Feldversuch mit digitalen Yuan, die die Zentralbank unter den Menschen verlost hat, die mitmachen wollten. 3.400 Läden akzeptierten zum Start des Versuchs die neue Währung.
Ebenfalls als Paukenschlag wurde es empfunden, dass der chinesische Smartphone-Hersteller Huawai sein neues Mate 40-Spitzenmodell mit einem vorinstallierten elektronischen Geldbeutel ausstattete, der mit digitalen Yuan oder Kryptowährungen gefüllt werden kann.
Es wird damit gerechnet, dass das gleiche Feature bald auch in die niedrigpreisigen Modelle von Huawai und in diejenigen anderer chinesischer Hersteller wie Transsion integriert wird, die in Afrika einen großen Marktanteil haben. Afrika hat enge Handelsbeziehungen mit China, sodass der Yuan auf diesem Weg seinen Marktanteil in Afrika deutlich ausbauen könnte, zulasten des Dollar.
Und selbst wenn nicht, so könnte das chinesische Zahlungsverkehrssystem, das diesen Geldbörsen zugrunde liegt, viele Zahlungsströme auf sich ziehen und so der Aufsicht und Sanktionsmöglichkeit Washingtons entziehen. Davor hat man in Washington große Furcht.
Resümee
Wer das Geldsystem stabiler und bürgerfreundlicher machen und die Privatsphäre der Bürger bewahren will, der sollte nicht fordern, dass die Zentralbank ein digitales Zentralbankgeld herausgibt. Es zeugt von ausgeprägter Naivität, den Böcken bessere Gartengeräte und Tipps geben zu wollen, damit sie erfolgreichere Gärtner werden. Die Böcke müssen raus aus dem Garten, wenn dieser geschützt werden soll.
Übertragen auf die Zentralbanker heißt das: Das finanzielle Wohl und Wehe der Nationen darf nicht mehr Leuten anvertraut werden, die vom Wählerwillen gänzlich unabhängig sind und sich deshalb ungehindert als Interessenwahrer der privaten Finanzbranche und der Reichen gebaren können. Nichts wird besser, indem man denen, die das Falsche wollen, bessere Instrumente an die Hand gibt.
Englische Version: All the good things a digital euro could do – and all the bad things it will
Stellungnahme von Fabio De Masi mit meiner Replik
Stellungnahme der Monetative mit meiner Replik
Positionspapier der Monetative: „Digitales Zentralbankgeld (CBDC) =
Sicheres Geld für alle BürgerInnen“
Danyal Bayaz und Fabio De Masi: „Warum wir den digitalen Euro gerade jetzt dringender denn je brauchen„